Aus: Becker, P.u.a.(Hg.): Zwischen Wissenschaft und
Kunst. Schott Mainz 1995 (S.83-96)
Franz Amrhein
Musikpädagogik zwischen Hochschule und
Sonderschule
Zur Ausbildung von Grund- und
Sonderschullehrern
an der Musikhochschule Hannover
Die Hochschule für Musik und Theater Hannover ist die einzige Musikhochschule in Deutschland, an der zukünftige Sonderschullehrer das Fach Musik sonderschul- spezifisch studieren können und eine der wenigen Musikhochschulen, die auch Musiklehrer an Grundschulen ausbildet. Das "Lehrgebiet Musik und ihre Didaktik" mit den Studiengängen Musik für die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Sonderschulen gehörte traditionsgemäß zum Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Hannover und wurde 1985 nach längeren Verhandlungen zwischen Universität, Musikhochschule und Ministerium in die Obhut der Musikhochschule gegeben. Es war ein Glücksfall, daß der in Behindertenangelegenheiten erfahrene Karl-Jürgen Kemmelmeyer zunächst - neben seinen Aufgaben im Studiengang Schulmusik - die kommissarische Leitung des Lehrgebiets übernahm und dort wichtige Weichen stellte, bis 1987 der Verfasser mit seinem Arbeitsschwerpunkt "Musik bei Behinderten" zum Leiter des Lehrgebiets berufen wurde.
Diese mutige Ausweitung des Aufgabenbereichs einer Musikhochschule "nach unten" in die Grundschule und in die Sonderschule ist ein wesentliches Verdienst des Präsidenten Richard Jakoby.
Studierende der Lehrämter Grund- und Sonderschulen unterscheiden sich von den übrigen Studierenden der Musikhochschule zunächst durch die geringere Quantität des Studiums. Musik ist nicht ihr alleiniger und auch nicht ihr hauptsächlicher Studieninhalt. Im Grundschulstudium ist für das Fach Musik lediglich ein Drittel der Studienkapazität, im Sonderschulstudium nur ein Viertel vorgesehen. Die zukünftigen Grundschullehrer studieren neben Musik noch ein gleichberechtigtes zweites Fach, ein Nebenfach und die pädagogischen Grundfächer. Die zukünftigen Sonderschullehrer müssen außer Musik vor allem zwei "sonderpädagogische Fachrichtungen" und ein Nebenfach studieren. Das Musikstudium in beiden Studiengängen wird bereits nach sechs Semestern abgeschlossen, stellt also das kürzeste Studium an der Musikhochschule dar. Der durch die gültigen Studienordnungen vorgegebene enge Rahmen hat der Musikhochschule die Entscheidung, dieses Lehrgebiet zu übernehmen, gewiß nicht erleichtert.
Mit der im Vergleich zum Schulmusikstudium geringen quantitativen Ausstattung hängt es auch zusammen, daß die Leistungsanforderungen für Studierende der Lehrämter an Grund- und Sonderschulen sowohl bei den Aufnahme- als auch bei den Abschlußprüfungen etwas geringer sind und daß der für die "höheren" Schulen ausgebildete Schulmusiker ein höheres Sozialprestige genießt, als der für die hier zur Debatte stehenden "niederen" Schulen ausgebildete Grund- und Sonderschul- lehrer, was - wie hier deutlich werden soll - in keiner Weise gerechtfertigt ist. Der Musiklehrer an Grundschulen, den "allgemeinsten" Schulen einer Gesellschaft (sie werden von allen Kindern gemeinsam besucht und ihr wichtigstes Ziel ist es, auf einer breiten Basis den Grund für jegliches Lernen zu legen), hat vor allem die Aufgabe, Musik allen Kindern zugänglich zu machen. Der Musiklehrer an Sonderschulen, (deren Schüler grundsätzlich über dieselben Bedürfnisse und Fähigkeits-Dispositionen verfügen wie andere, zu deren Entwicklung jedoch besonderer Hilfe bedürfen), hat zusätzlich zur eben genannten vor allem die Aufgabe, Musik zur besonderen Förderung einzusetzen.
Der Musikunterrichts an Grund- und Sonderschulen hat besondere Aufgaben, eine eigene Qualität. Das wesentliche qualitative Merkmal dieses Unterrichts, seine Allgemeinheit und Zugänglichkeit, steht im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen.
Musik existiert in den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen als "subjektive musikalische Realität" und sie existiert in unzähligen klingenden Manifestationen in dieser Welt als "objektive musikalische Realität". Die Aufgabe des Musiklehrers besteht in der Vermittlung zwischen diesen Realitäten: der Erschließung der auf Musik bezogenen Fähigkeiten und der gleichzeitigen Erschließung "der Musik".
Was WOLFGANG KLAFKI über den pädagogischen Prozeß sagt, gilt auch für den Musikunterricht: es handelt sich um einen aktiven Aneignungsvorgang, "in welchem dem zu bildenden Subjekt sich die Wirklichkeit 'aufschließt', zugänglich, verstehbar, kritisierbar, veränderbar wird und in dem gleichzeitig das Subjekt sich für seine Wirklichkeit 'aufschließt', also Verständnis-, Handlungs-, Verantwortungsmöglichkei- ten in sich entfaltet; beide Aspekte sind Momente eines einheitlichen Prozesses." (S.96)
Ziel dieses doppelseitigen Vermittlungs- und Aneignungsprozesses der inneren (subjektiven) und äußeren (objektiven) musikalischen Realität ist weniger die Musik als vielmehr das Gleichgewicht zwischen Subjekt und Musik, das sich einstellt, wenn Musik angemessen produziert, reproduziert und rezipiert wird. Die "Angemessenheit" gilt sowohl für die Musik (es müssen ihre jeweiligen strukturellen, ästhetischen, historischen und sozialen Bedingungen berücksichtigt werden) als auch für das Subjekt, (es muß dessen sensomotorisches, affektives, kognitives und soziales Erlebnispotential angesprochen werden). Dies wiederum bedeutet, der Musikunterricht darf nicht von einem feststehenden Kanon von Musik und musikalischem Verhalten ausgehen, sondern muß Musiken anbieten, denen gegenüber man sich sehr unterschiedlich verhalten kann und musikalische Verhaltensweisen vermitteln, mit denen man den unterschiedlichsten Arten von Musik begegnen kann und darf.
Das Ziel des "angemessenen" musikalischen Verhaltens ist deshalb vielen Menschen schwer erreichbar, weil die Musikpädagogik häufig nur nach der Angemessenheit gegenüber der Musik und zu wenig nach der Angemessenheit gegenüber dem Subjekt fragt, weil sie die Kriterien zu einseitig in der "klassischen" musikalischen Tradition und da vor allem in deren "Primärkomponenten" sieht, d.h. im richtigen Nachvollzug der musikalischen Parameter und in der Kenntnis der musikalischen Grammatik und Semantik, in Fähigkeiten also, die in der Regel nicht von Natur aus vorhanden sind, sondern im ständigen Umgang mit Musik, durch Üben und Lernen erworben werden. Ob solche Lernprozesse überhaupt einsetzen und ob sie zum Erfolg führen, hängt zum großen Teil von psychophysischen (Konstitution, Motivation, Ausdauer), sozialen (Vorbilder) und ökonomischen (Mittel für Instrument und Unterricht, Spielraum) Bedingungen ab.
Unbestritten ist, daß bei der Entwicklung menschlicher Fähigkeiten Anlage und Umwelt beteiligt sind. Die Tatsache, daß es kaum möglich ist, den Anteil der beiden Gegebenheiten exakt zu bestimmen, enthebt die Musikpädagogik nicht der Pflicht, die "Umweltbedingungen", nämlich ihren Unterricht so zu gestalten, daß er jedem zugänglich ist. Bedenkt man, wie viele Menschen von ihrer "Unmusikalität" überzeugt sind, so scheint es, daß der Weg, den die Musikpädagogik zu ihrem Gegenstand angelegt hat, auf weite Strecken zu eng ist und daß sich mehr Menschen auf diesen Weg begeben würden, wenn er einladender gestaltet würde. Der Musiklehrer vergißt leicht, daß er selbst nur durch unzählige Stunden des Be-Greifens im Spiel auf dem Instrument zu musikalischen Begriffen und musikalischen Vorlieben gekommen ist, wobei die ständige Verbindung von Hand- Auge-Ohr im Spiel nach Noten äußerst hilfreich war. Musikalische Begriffe sind durch bloßes Hören, auf das der Schüler häufig angewiesen ist, schwer zu erwerben.
Nur dann erhält der Musikunterricht an der allgemeinen, allgemeinbildenden, Schule einer demokratischen Gesellschaft seine Legitimation, wenn er den Weg zur Musik so anlegt, daß alle Schülerinnen und Schüler angelockt werden. Dazu muß dieser Unterricht von einem weiten Begriff von Musik und musikalischem Handeln ausgehen und sich an den allgemeinen musikalischen Fähigkeiten, über die jeder Schüler verfügt, orientieren. Ein weiter Begriff von Musik meint, daß nicht nur das Ohr, sondern alle Sinne angesprochen werden, daß nicht nur die Musik der klassischen Tradition, sondern alle musikalischen Genres Ernst genommen werden und daß nicht nur die Primärkomponenten sondern ebenso die Sekundär- und Tertiärkomponenten als musikalische Qualitäten akzeptiert werden.
Als allgemeine musikalische Fähigkeiten sind die Bewegungs-, Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit zu verstehen, die ihre Grundlage in den menschlichen Grundbedürfnissen nach Bewegung, Ausdruck, Wahrnehmung und Kommunikation haben. Die vorliegenden Ausführungen gehen davon aus, daß die allseitige Entwicklung dieser Fähigkeiten die wichtigste Aufgabe des Musikunterrichts an Grund- und Sonderschulen ist. Deshalb ist es nötig, diese Fähigkeiten in ihrem Zusammenhang mit Musik näher zu betrachten.
In der Regel werden die genannten Fähigkeiten nur in einem sehr speziellen Sinn als musikalische Fähigkeiten verstanden: die Bewegungsfähigkeit als Technik, mit der Instrumentalisten und Sänger ihr Instrument beherrschen, die Ausdrucksfähigkeit, die Sinn, Charakter, Gefühlshaftigkeit eines Musikstücks vermittelt, die Wahrnehmungsfähigkeit, die Intonation, Intervalle, Rhythmen usw. unterscheidet und die Kommunikationsfähigkeit, mit deren Hilfe man sich über und durch die Sprache Musik verständigen kann. Diese Fähigkeiten werden in der Regel weniger nach ihrer individuellen Ausprägung, sondern vielmehr danach beurteilt, inwieweit sie gewissen Standards der musikalischen Kunst genügen. Während die Angleichung an diese Standards in der Regel außerhalb der Schule durch Elternhaus und Privatunterricht möglich ist, muß der Musikunterricht in der Schule im Sinn der Chancengleichheit Möglichkeiten für alle eröffnen indem er sich an den genannten Fähigkeiten orientiert - ohne die musikalisch bereits Geförderten dadurch zu benachteiligen. Wenn die vier Fähigkeiten nun einzeln beschrieben werden, so sind sie doch untrennbar miteinander verbunden.
1. Bewegungsfähigkeit ist die allgemeinste und wichtigste musikalische Fähigkeit, weil es ohne Bewegung kein Leben und auch keine Musik gibt. Solange gesellschaftliche oder religiöse Normen nicht daran hindern, ist körperliche Bewegung der unmittelbarste Auslöser von und die direkteste Antwort auf Musik. Der Prozeß der "Entkörperlichung", der die Entwicklung des "Spezialfalls europäische Musik" möglich gemacht hat, wird von KURT BLAUKOPF (1974/1984) eindrucksvoll beschrieben. Diese Entkörperlichung ist der Preis, der für die "Vergeistigung" der abendländischen Musik zu entrichten war. BLAUKOPF sagt allerdings auch, "daß die gesamte europäische Musikgeschichte Zeugnis davon ablegt, daß ein elementares Verlangen nach körperlicher Musik sich immer wieder geltend machte...Die Körperlichkeit von Beat, Pop und Rock fügt sich in diese elementare Gegenbewegung ein." (1974,S.56) Solch elementares Verlangen kommt auch in den spontanen Bewegungsreaktionen der Kinder auf jede Art von Musik zum Ausdruck, - bevor sie lernen, beim Musikhören still zu sitzen.
Die ursprüngliche Verbindung zwischen Musik und Bewegung läßt sich neuropsychologisch und -physiologisch erklären durch die engen Verbindungen zwischen Gehör- und Bewegungssinn, dem auditiven und vestibulären System einerseits sowie zwischen den sensorischen und motorischen Verarbeitungszentren auf den verschiedenen Ebenen des Gehirns andererseits. Der Neurologe ALEXANDER R. LURIJA spricht von "kinetischen Melodien" um den musikalischen Anteil der Bewegung hervorzuheben und dem Musikwissenschaftler ERNST KURTH geht es um den Bewegungsanteil der Musik, wenn er von der "kinetischen Energie der Melodie" redet. ALFRED A.TOMATIS weist nach, daß von den Schallwellen nicht nur das Ohr, sondern das gesamte vestibulo-cochleare System aktiviert wird und meint, daß unser Körpergefühl im Ohr sitze. Diese Zusammenhänge spielen auch für das von JEAN AYRES entwickelte Konzept der "Sensorischen Integration" eine große Rolle: "Auf der Ebene des Hirnstamms bestehen für die Kerne, die die hauptsächlichen Verarbeitungszentren für Hörimpulse darstellen, Verbindungen mit Sinnesempfindungen vom Gleichgewichtsorgan, der Eigenwahrnehmung, dem Tastsinn und den Vibrationsreizen. Darüber hinaus erhalten die Vestibularkerne im Hirnstamm auch akustische Reizinformationen und koordinieren diese beiden Arten miteinander." (S.171) Die besondere Bedeutung des Zusammenhangs von Sinnesempfindung (wozu auch das Hören gehört) und Bewegung wird vor allem durch die Forschungen von JEAN PIAGET unterstrichen, der die "sensu-motorische Phase" und die "sensu-motorische Intelligenz" als die Basis für die menschliche Entwicklung schlechthin ansieht.
Der Begriff "sensomotorisch" bezeichnet den Sachverhalt des Zusammenspiels von sensorischem (afferentem) und motorischem (efferentem) System. Über das Lernen auf dieser Ebene sagt AYRES: "Der größte Teil dessen, was wir lernen, muß in erster Linie durch Verknüpfung dieser Systeme erfolgen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann mehr intellektuelles und akademisches Lernen in der Großhirnrinde erfolgen." (S.66) Lernen, die Verknüpfung der Systeme, die Bahnung der Synapsen (der Verbindungen zwischen den Nervenzellen) geschieht durch motorische Reaktionen auf die sensorischen Reize. Dazu sagt LURIJA: "Eine sich bildende Bewegung besteht anfänglich aus einer Reihe isolierter Impulse. Erst nach und nach werden die einzelnen Impulse bei der Entwicklung motorischer Fähigkeiten miteinander verknüpft und zu kinästhetischen Zusammenhängen oder 'kinetischen Melodien' umgewandelt." (S.177) Zum Erlernen, zum "Einspielen" menschlicher Grundfähigkeiten ist also ständige Wiederholung nötig.
Wiederholung aber ist das wesentlichste formbildende Element der Musik. Das Prinzip der Wiederholung dürfte wesentlich zur Lust an der Musik beitragen, die sich gerade bei Kindern in dem Wunsch äußert, ein Lied oder ein Musikstück immer wieder zu singen, zu spielen oder zu hören. Wiederholung kann für sich genommen ermüdend wirken, geschieht jedoch - im Zusammenhang mit der stimulierenden und strukturierenden Kraft der Musik und aufgrund der Tatsache, daß musikalische Wiederholung in der Regel nicht "wörtliche" sondern "variierte" Wiederholung ist, lustbetont.
Die für die menschliche Entwicklung unerläßlichen Bewegungserfahrungen können durch Musik in hohem Maß provoziert, geordnet und koordiniert werden. Umgekehrt kann das musikalische Erleben durch Körperbewegungen intensiviert, gegliedert und strukturiert werden.
2. Ausdrucksfähigkeit ist die Fähigkeit, psychische Gehalte (Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken, Willensakte) mit den Medien Stimme, Bewegung, Mimik sowie mit Hilfe von Instrumenten und Materialien nach außen - zum Ausdruck zu bringen. Klang und Bewegung sind die grundlegenden Elemente sowohl für menschlichen Ausdruck als auch für Musik. Das wichtigste menschliche Ausdrucksmedium, auf das sich diese Ausführungen beschränken, ist ohne Zweifel die Stimme, die jedem Menschen jederzeit zur Verfügung steht. Sprachpädagogische Bemühungen richten sich fast ausschließlich auf die Bedeutungsebene der Stimme, auf das korrekte und angemessene Sprechen. Auch Musikpädagogik zielt in der Regel auf diese Ebene, auf das richtige Singen.
Wenn sich auch ohne Bedeutungsebene weder menschliche Intelligenz noch musikalische Kunst entfalten könnten, so benutzt jedes Kind das Instrument Stimme lange bevor es bedeutungsvoll sprechen und richtig singen kann. Die der sprachlichen Bedeutungsebene vorausgehenden "Verlautbarungen" bezeichnet die Sprachwissenschaft als präverbale Ebene. Unter den, der musikalischen Bedeutungsebene vorausgehenden Stimmäußerungen kann man eine motorische und eine klangliche Ebene unterscheiden, die jedoch eng miteinander zusammenhängen.
Die motorische Ebene können wir beim Säugling beobachten, wenn er die Bewegungsmöglichkeiten seiner Mundwerkzeuge entdeckt und im Spiel mit ihnen eine Vielzahl von Lauten, Tönen und Geräuschen produziert, ein Spiel, das offensichtlich mit Vergnügen, mit "Funktionslust" verbunden ist. Solch lustvollen Umgang mit der Stimme finden wir bis weit in die Schulzeit beim Nachahmen von Geräuschen aus Natur und Technik, beim Spiel mit den Klang- und Artikulationsmöglichkeiten der Stimme, mit Reimen, Nonsensversen, Phantasiesprachen usw. Ein solcher motorischer, bewegungshafter Umgang mit der Stimme ist einerseits spielerischer Selbstzweck, andererseits jedoch auch für die Entwicklung des Sprechens wichtig, denn vor der Rückkopplung über das Ohr muß die Kontrolle über die Motorik erfolgt sein, der "primäre, motorisch-kinästhetische Sprachkreis steht vor dem sekundären, motorisch-kinästhetisch-akustischen." (BECKER/ SOVAK,S.49)
Von der klanglichen Ebene der Stimme ist die Rede, wenn durch Klang, Färbung, Tonfall, Dynamik, Lautstärke, Tempo des Erklingenden oder durch "Klanggesten" wie oh, hei, au, na, Lachen, Brummen, Seufzen usw. Informationen vermittelt werden, die in der Regel Ausdrucks- oder Gefühlsqualitäten wie Unruhe, Ruhe, Freude, Trauer, Zu- oder Abneigung usw. "bedeuten". Lange bevor das Kind Bedeutung aus den Worten der Sprache entnimmt, "versteht" es den Klang der Stimme.
Während die rational betonte "digitale" Bedeutungsebene von Sprache und Musik mehr in der linken Gehirnhälfte lokalisiert ist, sind die emotional betonten "analogen" Ebenen der Motorik und des Klangs mehr in rechten Gehirnhälfte angesiedelt.
Die motorische und klangliche Ebene der Stimme ist häufig verbunden mit Ausdrucksbewegungen des ganzen Körpers sowie mit ausgeprägter Gestik und Mimik. Sprechen und Singen erhalten durch die motorische Ebene Rhythmus, Flüssigkeit und Gliederung, durch die klangliche Ebene Farbe, Ausdruckskraft und Gefühlshaftigkeit. Diese beiden Ebenen verstärken in der Regel die Aussage der Bedeutungsebene, können diese aber auch konterkarieren, wenn z.B. "ja" gesagt wird, der Klang der Stimme jedoch das Gegenteil signalisiert. Diese beiden Ebenen können sich aber auch von der musikalischen und sprachlichen Bedeutungsebene lösen und es können sich sensible musikalische Spiele entfalten, die man ohne Angst vor den grammatikalischen und semantischen Notwendigkeiten der Sprache sowie ohne Furcht vor falschen musikalischen Tönen spielen kann. Ihre Vorbilder haben solche Spiele im Scat-Gesang und den Bebob-Vocals des Jazz, im Rap des Rock, im Jodler und anderen Gesängen der Volksmusik und der Folklore und vor allem in der Vokalmusik von BERIO, CAGE, KAGEL, LIGETI, NONO, SCHNEBEL, STOCKHAUSEN und anderer Komponisten aber auch bei Literaten wie BALL, JANDL und SCHWITTERS.
Auf diesen beiden Ebenen der Stimme kann sich ein reiches Potential an Kreativität, Sensibilität, und Ausdruckskraft entfalten und sie bilden zugleich eine wesentliche Grundlage zum Verständnis sowohl von sprachlicher als auch musikalischer Bedeutung.
3. Die Wahrnehmungsfähigkeit funktioniert nicht passiv-rezeptiv, sondern ist durch die bereits dargestellten sensomotorischen Gegebenheiten - mit Bewegungsvor- gängen und -vorstellungen eng verbunden. "Die Annahme, daß Empfindung und Wahrnehmung passive Vorgänge sind, ist nicht haltbar. Es wurde nämlich gezeigt, daß die Wahrnehmung komplexer Gegenstände auf aktiven, suchenden Bewegungen beruht." (LURIJA, S.96) Diese allgemeinen Wahrnehmungskriterien gelten für musikalische Wahrnehmung in besonderer Weise, weil Bewegungsvorstellungen und -zusammenhänge konstituierende Momente des Wahrnehmungsgegenstandes Musik sind. So unterscheidet RÖSING den auditiven, den visuellen und den motorischen Wahrnehmungstyp, von denen der letztere, für den Hören vor allem mit Bewegungsvorstellungen verbunden ist, am weitaus häufigsten vorkommt. Auch nach den Untersuchungen BEHNE's hat unter den möglichen Umgangweisen mit Musik das "motorische Hören" die größte Bedeutung für das Musikerleben Jugendlicher.
Eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Musik spielt die propriozeptive Wahrnehmung (Eigenwahrnehmung oder Tiefensensibilität), "jener ständige unbewußte Fluß von Informationen über die beweglichen Teile unseres Körpers." (SACKS, S.69) Dieser "verborgene Sinn", der bestimmend für das Selbst-Bewußtsein und Selbst-Gefühl ist, sorgt dafür, daß die Bewegung der Musik, als eigene, innere Bewegung wahrgenommen wird. Das Gefühl des Mitgenommenwerdens, Ergriffenseins von der Musik hängt mit dem propriozeptiven Sinn zusammen, ebenso die "Ich-Stärkung", welche die "Sensibilisierung der Perzeption" mit sich bringen kann.(v.HENTIG)
4. Die Kommunikationsfähigkeit dient der Mitteilung und dem Kontakt. "Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt: der Inhaltsaspekt vermittelt die 'Daten', der Beziehungsaspekt weist an, wie diese Daten aufzufassen sind." (Watzlawick, S.55). Bei der sprachlichen Kommunikation kommt der Inhaltsaspekt durch die relativ eindeutige (digitale), rationale Bedeutung der Worte, der Beziehungsaspekt durch die relativ mehrdeutige (analoge), emotionale Klanglichkeit der Sprache (Tonfall, Dynamik usw.) und durch die das Sprechen begleitende Mimik und Gestik zum Ausdruck. Da mit dem analogen Medium Musik - vor allem für den Nicht-Musiker - weniger rationale als vielmehr emotionale Inhalte vermittelt werden, fällt bei musikalischer Kommunikation der Inhalts- mit dem Beziehungsaspekt weitgehend zusammen. Der Inhalt musikalischer Kommunikation besteht überwiegend in der Beziehung zur Musik.
Neben diesen beiden Ebenen unterscheidet die Kommunikationswissenschaft eine grammatikalische, semantische und pragmatische Funktion der Zeichen, was auf Musik übertragen bedeutet:: Die Töne müssen in ein System passen, „richtig“ sein (Grammatik). Klänge können Gefühlshaftes, Gegenständliches oder Strukturelles bedeuten (Semantik). Schließlich richtet sich Musik an ein Gegenüber, hat Aufforderungscharakter (Pragmatik).
Beziehungsaspekt und pragmatische Funktion sind auch musikalisch Unerfahrenen unmittelbar zugänglich. Sie haben ihre Resonanz vor allem in den entwicklungsgeschichtlich älteren subkortikalen Regionen, in denen im Wesentlichen die emotionale Verarbeitung stattfindet. Inhaltsaspekt sowie grammatikalische und semantische Funktion müssen in der Regel erst gelernt werden. Sie beanspruchen vor allem die jüngeren kortikalen Regionen, denen besonders die rationale Verarbeitung obliegt. Beziehungsapekt und pragmatische Funktion sind näher an der subjektiven musikalischen Realität während die grammatikalischen und semantischen Funktionen sowie der Inhaltsaspekt sich erst in der Auseinandersetzung mit der objektiven musikalischen Realität entwickeln.
Auf der elementaren Erlebnisebene, die durch den Beziehungsaspekt und die pragmatische Funktion angesprochen wird und auf der "richtig" und "falsch" kaum eine Rolle spielt, kann die Kommunikationsfähigkeit geweckt werden. Von da aus können dann auch die Bezüge zum Inhaltsaspekt und zur grammatikalischen und semantischen Funktion aufgebaut werden.
Diese vier Fähigkeiten bilden die Basis für die musikalischen Bedürfnisse und Fähigkeiten, für die subjektive musikalische Realität eines jeden Menschen. Ihre ausführliche Beschreibung sollte vor allem ihre Wurzel in der Sinnlichkeit und Körperlichkeit des Menschen aufzeigen und musikalisches Handeln und Lernen als sensomotorisches Handeln und Lernen - in enger Verbindung mit den affektiven, kognitiven und sozialen Erlebnisdimensionen - kennzeichnen.
Kommt in diesen Fähigkeiten einerseits der ganze Reichtum menschlichen Vermögens zum Ausdruck, so wird in ihnen andererseits auch die Not menschlichen Lebens sichtbar, da jegliche Behinderung - gleich wie sie offiziell als körperliche oder geistige, Lern- oder Sprachbehinderung usw. klassifiziert wird - stets auch eine Einschränkung, Hemmung oder Behinderung des Bewegungs- Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsvermögens darstellt. Behinderung meint nun weniger, daß jemand im Umgang mit diesen Fähigkeiten vom gesellschaftlich üblichen Gebrauch abweicht sondern vielmehr, daß er den möglichen Spielraum im Gebrauch dieser Fähigkeiten aus Gründen, die er selbst nicht zu vertreten hat, nicht zu nutzen vermag. Die Förderung und Entfaltung dieser Fähigkeiten mit Musik soll zur Erweiterung des Spielraums und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität des Behinderten führen und nicht zur Anpassung an gesellschaftliche Normen.
Die Entwicklung dieser Fähigkeiten geschieht durch musikalisches Lernen, d.h. durch Veränderungen, Erweiterungen, Differenzierungen des konkreten Bewegungs-, Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsverhaltens, die durch den handelnden Umgang mit Musik bedingt sind. Diese Veränderungen usw. lassen sich im Unterricht feststellen zum Beispiel als Fortschritte
- in Bewegungskoordination, -schnelligkeit, -ausdauer, -flüssigkeit usw.
bei rhythmischen Bewegungen von Händen und Füßen, beim Umgang mit Materia-
lien und Instrumenten, bei Partnerspielen sowie bei Bewegungen im Raum,
- im Umgang mit Dynamik, Klangfarbe, Tonhöhen, Intervallen, Artikulationen,
Melodien usw. bei Ausdrucks- und Kommunikationsspielen mit der Stimme,
- in Fertigkeiten beim Spiel auf elementaren Instrumenten,
- in Motivation und Ausdauer gegenüber musikalischen Tätigkeiten,
- in der Unterscheidung musikalischer Parameter,
- in Gedächtnisleistungen, was Bewegungs- oder musikalische Abläufe angeht,
- in der Fähigkeit, Vorgegebenes zu reproduzieren sowie Eigenes zu erfinden,
- in der Fähigkeit, zu anderen führend oder folgend Kontakt aufzunehmen,
- in der Fähigkeit, Regeln einzuhalten.
Die Erweiterungen oder Differenzierungen dieser Fähigkeiten und Fertigkeiten, die als "Fortschritte" erscheinen, hängen mit der stimulierenden und strukturierenden Macht der Musik zusammen: Durch die Impulse von Takt und Rhythmus, durch die Klangsinnlichkeit, die Ästhetik der Musik wird das für die Auslösung und Kontrolle der Bewegung zuständige sensorische (afferente) System angesprochen, bewegt, stimuliert und gleichzeitig werden durch die Gestalthaftigkeit, Regelhaftigkeit und Form der Musik die Bewegungs-, Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit gegliedert, geordnet, strukturiert. Diese doppelseitige - stimulierende, befreiende, emotionale und zugleich strukturierende, ordnende, rationale - Wirkung ist konstitutiv für Musik und musikalisches Handeln. In der Spannung bzw. Balance zwischen den Polen Stimulierung und Strukturierung liegt die eigentliche Wirkung von Musik. Die stimulierende und strukturierende Wirkung, die subjektiv als Wohlgefühl oder auch Ergriffenheit erlebt wird, stellt sich jedoch in der Regel bei musikalischer Tätigkeit nicht von selbst ein, sondern nur, wenn Musik im oben beschriebenen Sinn angemessen realisiert wird und die Beteiligten sich in die musikalische Spannung involvieren lassen. Dies aber hängt ganz wesentlich vom Lehrer als dem Animateur musikalischer Prozesse, von der Entwicklung seiner eigenen Bewegungs- Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit ab.
Es besteht kein Zweifel, daß diese Fähigkeiten im künstlerischen Bereich des Studiums (Instrumentalspiel, Gesang, Ensemblespiel und -leitung, Theorie) in hohem Maß gefordert werden und ebenso unstrittig ist, daß ohne hohen künstlerischen Anspruch an die eigenen musikalischen Fähigkeiten der Musiklehrer seiner pädagogischen Aufgabe nicht gerecht werden kann, die - wie gesagt - vor allem darin besteht, Schüler in die Spannung der Musik zu involvieren. Dazu muß gerade der Musiklehrer an den "Basisschulen" zuerst ein guter Musiker sein. Die Frage ist, ob er damit dem Anspruch, Musik allen Schülern zugänglich zu machen und die genannten Fähigkeiten allseitig zu entwickeln, entsprechen kann.
Ein Blick in die Anforderungen von Aufnahme- und Abschlußprüfung, in die Prüfungs- und Studienordnungen sowie in den Studienalltag zeigt, daß die Bemühungen, das musikalische Kunstwerks angemessen zu reproduzieren, ganz eindeutig im Vordergrund stehen und für die Frage nach der Angemessenheit des Musikunterrichts den hier dargestellten vielseitigen Ansprüchen des Subjekts gegenüber relativ wenig Raum bleibt. Wie wichtig diese Frage ist, wird bestätigt durch das Feedback von zahlreichen Musiklehrerinnen und Musiklehrern, die zwar glücklich über ihre gute musikalische Qualifikation jedoch unglücklich darüber sind, daß diese ihnen im pädagogischen Alltag oft nicht weiterhilft. Im folgenden sollen einige Vorschläge zur Verbesserung der Ausbildung in den Curriculumteilen Musikpraxis, Musikwissenschaft und -theorie sowie Musikpädagogik gemacht werden.
a. Musikpraxis
In Instrumentalspiel und Gesang, Ensemblespiel und -leitung muß der Student in die Lage versetzt werden, Musik möglichst unterschiedlicher Genres angemessen darzustellen. Diese Darstellung soll sich nicht nur auf Reproduktion sondern auch auf eigene Produktion und Improvisation beziehen. Auch die Praxis der Neuen Musik in der Behandlung von Stimme und Instrument, Jazz, Rock, Folklore und Unterhaltungsmusik sowie Ensembles, die für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wichtig sind (Perkussion, Rock-Band, Orff-Ensemble), müssen einbezogen werden. Im Umgang mit Instrument und Stimme muß vor allem berücksichtigt werden, daß dieser zukünftige Musiklehrer in der Hauptsache nicht darstellender Künstler und auch nicht Einzellehrer für Instrument oder Gesang, sondern fast ausschließlich mit (in der Regel viel zu großen) Gruppen singen und spielen wird und daß dabei nicht nur auf seine Instrumental- und Gesangskünste, sondern vor allem auf seine animierenden Fähigkeiten im Gebrauch von Stimme und Instrument angewiesen ist.
"Musikpraxis" kann sich jedoch nicht nur auf die Auseinandersetzung mit Instrument und Stimme beschränken. Im Vorangegangen wurde die Notwendigkeit eines erweiterten Musikbegriffs diskutiert und ausführlich die Rolle des Körpers und der körperlichen Bewegung bei musikalischen und musikpädagogischen Prozessen dargestellt. Der Körper muß ebenso wie Instrument und Stimme als Medium musikalischen Ausdrucks Ernst genommen werden. Bewegungstechnik, Bewegunggestaltung, Rhythmik, Tanz, Darstellendes und Szenisches Spiel (auch als Puppen-, Masken-, Schattenspiel usw.), aber auch Methoden der "Körperarbeit" (z.B. Feldenkrais, "Sensory Awareness") sowie Möglichkeiten multimedialer oder polyästhetischer Gestaltung dürfen nicht nur als Techniken und Methoden gesehen werden, die der Lehrer im Musikunterricht anwenden kann, sondern müssen als Teil der musikalisch-künstlerischen Praxis im Curriculum angemessen vertreten sein. Ein weiteres Argument für diese Ausweitung ist die Tatsache, daß für Musik nicht nur ihre "Primärkomponenten" sondern ebenso ihre "Sekundär- und Tertiärkomponeten" von konstitutiver Bedeutung sind. Diese aber hängen wesentlich mit ihrer Körperlichkeit und "Physiognomie" zusammen, die nicht nur reflexiv, sondern vor allem praktisch erarbeitet werden müssen.
b. Musikwissenschaft/Musiktheorie
Zur Vermittlung von Musik muß der Lehrer mit den "Sachstrukturen" des Gegenstands Musik und mit den "Verständnisniveaus" der Schüler vertraut sein. Die Musikwissenschaft müßte - als Hilfswissenschaften für die Musikpädagogik ihren Gegenstand auch unter dem Aspekt der "Musikalität des Unmusikalischen" betrachten, d.h. nach den allgemeinen Zusammenhängen der skizzierten Fähigkeiten und nach den allgemein zugänglichen Sachstrukturen fragen. Die Musiktheorie müßte verstärkt elementare Techniken zum Bearbeiten und Arrangieren sowie Fähigkeiten im Umgang mit den elektro-akustischen Medien vermitteln.
c. Musikpädagogik/Unterrichtspraxis
Eingangs wurde auf den engen musikpädagogischen Zusammenhang zwischen subjektiver und objektiver musikalischer Realität hingewiesen, auf die Notwendigkeit, zwischen den Lernvoraussetzungen der Schüler, ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten einerseits und den Lernanforderungen des Unterrichts, den musikalischen Ansprüchen andererseits zu vermitteln. Wenn hier nun fast ausschließlich von der Subjektseite die Rede war, dann deshalb, weil die Musikpädagogik - trotz häufig bekundeter Schüler- und Handlungsorientierung - sich mit den Bedürfnissen, Interessen und Fähigkeiten der Schüler bislang nicht annähernd so intensiv auseinandergesetzt hat wie mit ihrem klassischen Gegenstandsbereich. Auch der relativ geringe Stellenwert der populären Musik in der Musiklehrerausbildung zeugt von einer Geringschätzung der Schülerinteressen.
Vordringliche Aufgabe der Musikpädagogik und -didaktik müßte es also sein, die Auswahl ihrer Inhalte unter dem Aspekt der Förderung der genannten Fähigkeiten zu begründen. Dazu sind Bemühungen auf drei miteinander zusammenhängenden Ebenen nötig. 1. Aus den verschiedenen "Lernfeldern" des Musikunterrichts müssen exemplarische Inhalte ausgewählt werden, die durch ihre Zugänglichkeit und Gefälligkeit Schüler motivieren Können. 2. Diese Inhalte müssen im Hinblick auf die Förderung der genannten Fähigkeiten methodisch aufbereitet werden. 3. Die Vermittlung dieser Inhalte muß - unter dem besonderen Aspekt der Rolle des Lehrers als Animateur und Anleiter - erprobt werden. Diese Erprobung muß zunächst unter Studierenden und dann in Praktika und unterichtsbezogenen Seminaren mit Schülern geschehen. Der Kompetenz des Lehrers beim kommunikativen Akt der Vermittlung, (bei dem - wie beschrieben - vor allem die Beziehungsebene und die pragmatische Funktion angesprochen werden,) muß noch größere Beachtung geschenkt werden, weil es sehr häufig von dieser Kompetenz des Lehrers abhängt, ob Schüler etwas lernen oder nicht. Diese Kompetenz speist sich aus zwei Quellen: der künstlerischen Qualifikation, die die musikalische Spannung herstellt und der pädagogisch-didaktischen Qualifikation, die die Schüler in diese Spannung involviert.
Diese Kompetenz kann nur in einem reflektierten learning by doing erworben werden, für das bisher weder in der vor allem der Wissenschaft verpflichteten Universität noch in der vor allem an der musikalischen Kunst orientierten Musikhochschule genügend Raum war. Die Musikhochschule Hannover hat diese Aufgabe übernommen und ist auf dem besten Weg, ihr auch gerecht zu werden.
Literatur:
Amrhein,F.:
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Musik- und Bewegungserziehung. In: Bannmüller/Röthig(Hrsg.): Grundlagen und
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einem Hut verwechselte. Reinbek 1987
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